Brüder im Süden – Verantwortung

Sie tragen viel, die Brüder aber nicht unere Verantwortung

Da wo die Gondeln anrollen und wieder zurückrollen, dort habe ich mich hingestellt. Ich habe geschaut. Und dann habe ich ihn gefragt den Hochfelln: Was ist für dich Verantwortung? hab ich ihn gefragt. Er hat mich angeschaut, ja schon ein bisserl von oben herab hat er gschaut, aber das liegt vielleicht auch in der Natur der Sache.

Und dann, dann hat er gesagt: Verantwortung? Was ist das denn? Weißt du überhaupt, was das ist? Ja, ich kann euch tragen – aber Verantwortung? – Und ich habe geschwiegen.

Und er hat weitergesprochen: Die einen sagen: Wir haben dich erschlossen. Die anderen sagen: Wir haben dich verletzt. Wieder andere sagen: Du sollst funktionieren. Schnee soll ich haben – auch wenn keiner da ist. Wege soll ich tragen – auch wenn keiner mehr geht. Aussicht bitteschön – aber auch Stille und gleichzeitig ist auch die Schlange um den Kaiserschmarrn zu lang.

Und dann war er plötzlich ganz still. Und ich habe mir gedacht: Vielleicht ist Verantwortung genau dieser eine Moment: der Raum zwischen dem Erkennen und dem Handeln oder Nichthandeln.. Nicht bloß zu wissen, was ist. Sondern dann auch zu antworten auf das, was man erkannt hat.

Nicht zu ertragen, sondern sich zu stellen. Nicht zu verschieben, sondern zu sagen: Ich bin es. Ich bin Teil davon.

Und dann, dann hat der Hochfelln weitergesprochen, als hätte er meine Gedanken gehört.

Da kam eine Frage, eine, die ich so nicht erwartet hatte: Wenn du sagst, hat er gsagt, das ist zu viel,
hey, wer hat es denn verlangt? Wer hat es denn gebaut? Wer ist denn da gekommen?

Und ich habe gemerkt: Er fragt nicht, um zu klagen. Der klagt nicht. Niemenden klagt er an. Aber er fragt. Und er stellt in den Raum was wir hineinbauen in ihn und was wir ihm abverlangen. Ich bin nicht gegen euch, hat er gesagt. Aber ihr habt mich eingespannt in euren Rhythmus.

Dann wurde es ganz still. Aber die Frage stand immer noch im Raum: Wer ist denn verantwortlich? Ist es der Bürgermeister? Der Fremdenverkehrsverband von 1965? Der Landkreis? Die Gastronomie? Die Wirtschaftsbetriebe? Die Almen? Die Bergener? Die Touristen? Oder hat da vielleicht der Naturschutz versagt? Dann liegt es vielleicht auch bei denen. Und genauso schubsen wir die Verantwortung. So geht sie herum – diese Verantwortung. Wie so ein glühender Stein, den keiner halten will. Und am Ende bleibt dann nur:

Wer weiß überhaupt, wer wirklich verantwortlich ist? Wer weiß es denn wirklich?

Invitatio ad Actum:
Sicher ist es nicht deine Aufgabe, eine große Antwort zu finden.
Aber vielleicht kannst du eine kleine Frage stellen an dich selbst.
Und wenn du magst: Dann schreib sie auf. Oder teil sie mit uns im Buch der Stimmen.

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