Das Thema „Werte“ hab ich auch angesprochen. Ich hab mich schon dran gewöhnt, dass man da nicht sofort eine Antwort bekommt. Ich habe also gefragt, ganz still, und ich hab gewartet. Denn ich wusste, wenn er antwortet, dann nicht schnell. Und dieses Mal hat es wirklich ziemlich lang gedauert, bis ich eine Antwort bekam. Vielleicht weil die frage schwieriger war als die vorigen? Hmm. Mag sein, ich weiss es nicht.
Irgendwann jedenfalls sprach plötzlich der Hochgern zu mir. Ich erkannte ihn sofort an seiner Stimme:
Ich bin nicht das Wesen das wertet, sagte er, und der Bruder an meiner Seite auch nicht. Was erwartest Du von uns? Ich mache doch keinen Unterschied zwischen dir und dem Stein der da auf mir liegt. Ich kenne kein Gut und kein Böse. Ich kenne nur das Dasein.
… und da dachte ich mir schon: Gut das war’s jetzt. Aber der Hochgern sprach dann doch weiter:
Weisst du, hat er gesagt, weisst du ich bin ein Teil von deiner Wertung. Wenn du mich anschaust und du sagst: schön, oder wenn mich jemand betrittt und sagst dann: heilig,
wenn du mich schützt – oder auch ausbeutest, dann wird in dir ein Wert geboren. Und ich? Ich bin nur der Spiegel, der ihn sichtbar macht, es ist Dein Wert den du mir gibst und er entsteht in der Beziehung zwischen uns. Verstehst Du das? Ich bin ein Teil Deiner Wertung.
Ich bin die Fläche für Bedeutung. Für dich bin ich vielleicht ein Aussichtspunkt, ein Rückzugsort oder auch ein Lieblingsweg. Für andere bin ich ein Naturraum, ein Kulturraum, ein Schutzgebiet oder auch nur ein besseres Sportgerät. Aber alle diese Zuschreibungen sagen viel mehr über euch aus, als über mich. Über mich in meinem puren Dasein sagen sie in Wirklichkeit nämlich gar nichts aus.
„Ich bin Teil eures Denkens geworden. Teil eurer Karten, eurer Zonen, eurer Mythen. Aber in mir selbst, da gibt es keine Werteskala. Kein besser, kein schlechter. Kein vorher, kein nachher.
Nur dieses Jetzt, das trägt.“
Und dann schwieg er wieder.
Ich hab ihm zugehört. Und vielleicht hast auch du etwas gehört. Vielleicht magst du selbst einmal fragen: Woran misst du deinen Wert? Und woher kommt er?
Wenn du willst, schreib es auf. Für dich selbst. Oder für uns alle – im Buch der Stimmen.
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