Forschungsnotiz „Akte Einharting“
Leitfrage A: Gab es ein koordiniertes Bauprogramm (Pfarrkirche + 4 Filialen) um 1100–1200?
I. Ausgangslage
- Siedlungskontinuität: Die Ortsnamen auf -ing und -haupten deuten auf bayuwarische Gründungen hin, die mindestens ins 6.–8. Jahrhundert zurückreichen. Damit ist eine lange Besiedlungstradition vor den Steinbauten gesichert.
- Christliche Präsenz: Die Besitzübertragung des Edlen Weihher an Salzburg um 790 zeigt, dass christliche Strukturen früh etabliert waren, auch wenn sich eine Kirche für Vachendorf oder Einharting zu dieser Zeit nicht nachweisen lässt.
- Vorstufe Holzkirchen: Für die Zeit vor 1100 ist mit hölzernen Sakralbauten zu rechnen, die keine Spuren hinterließen. Diese Übergangsphase bleibt hypothetisch, ist aber im Kontext plausibel.
II. Der Sprung in Stein
- Klöster als Wissenszentren: Die Gründungen von Seeon (ca. 994) und Baumburg (1107) markierten den Beginn einer regionalen Steinbaukultur, die auch kleinere Dorfkirchen technisch möglich machte.
- Salzburgs Machtausbau: Mit Bischof Konrad von Abenberg (ab 1122) setzte eine Phase gezielter Kirchenpolitik ein, die den Ausbau von Pfarren und Filialen begünstigte.
- Pfarrkirche Vachendorf: Die urkundliche Übertragung an das Domkapitel 1198 und romanische Baureste deuten auf eine Errichtung der ersten steinernen Kirche im 12. Jahrhundert.
III. Filialstruktur und Parallelen
- Vier Filialkirchen: Die Kirchen in Einharting, Vogling, Alferting und Bernhaupten bilden eine geschlossene Gruppe im Pfarrsprengel Vachendorf.
- Baugleichzeitigkeit?Die Indizien sprechen dafür, dass diese Filialen im Zuge der Etablierung der Pfarrkirche in Stein ebenfalls neu gebaut oder steinern gefasst wurden, vermutlich im 12. Jahrhundert.
- Patrozinien-Analyse: Johann, Georg, Jakobus und Margaretha spiegeln teils alte, teils spätere Verehrung wider. Margaretha wirkt tendenziell jünger, die anderen drei deuten eher auf frühe Patrozinien hin.
IV. Bauarchäologische Spuren
- Mauerreste / Fundamente: Bei Vachendorf und vermutlich auch in den Filialen sind romanische Substanzreste im Mauerwerk anzunehmen, die später überformt wurden.
- Holz-zu-Stein-Logik: Das Modell einer hölzernen Vorgängerkapelle mit späterer steinerner Ersetzung erklärt die Diskrepanz zwischen Siedlungsalter und fehlenden frühen Kirchenzeugnissen.
V. Synthese / Modell
- Koordiniertes Bauprogramm? Die Pfarrkirche Vachendorf und die vier Filialkirchen wurden wahrscheinlich im 12. Jahrhundert in einem zusammenhängenden Bauprogramm in Stein ausgeführt. Dieses Programm war eingebettet in Salzburgs Kirchenpolitik und die durch Klostergründungen geförderte Steinbaukultur.