Nuage du Miroir
⋯ Ich sah hinein – und wurde Teil des Rahmens.Letzten Samstag war ich beim Heimatforscher-Treffen in Waging am See eingeladen. Ich war dort in meiner Rolle als Schreibender und als Beobachter. Im Mittelpunkt stand nicht das Museum, sondern der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, also Vorträge, Gespräche, insgesamt ein dichtes Programm.
Die erste Begegnung
Im Laufe des Tages gab es eine kurze Führung durch das Barockmuseum im ersten und zweiten Stock des Kurhauses. Gerade einmal eine halbe Stunde, mehr nicht. Und doch hat dieser Moment etwas in Gang gesetzt mit dem ich am Morgen noch nicht gerechnet hatte. Mein erster Eindruck war: überwältigt. Überladen. Gold, Engel, Stuck, Möbel, Skulpturen, eine Dichte die mich eher abgestoßen als angezogen hat. Ich habe mich gefragt, wie man in einem solchen barocken Überschwang leben kann. Und was Sebastian Schuhbeck, der Sammler, eigentlich im Sinn hatte, als er seine Räume mit dieser Konsequenz ausgestattet hat. Mein spontaner Gedanke war: „Der war ja komplett verrückt.“
Der Gedanke am Abend
Den restlichen Tag war ich mit anderem beschäftigt. Und erst am Abend als ich zuhause zur Ruhe kam, da begann sich etwas in mir zu bewegen. Ich dachte nochmal an diesen Sebastian Schuhbeck. An das was ich gesehen hatte. Und da fiel mir etwas auf, das ich im ersten Moment nicht erkannt hatte: Der Mann hat das Schöne nicht gesammelt um Eindruck zu machen, sondern er hat sich ihm zugewendet. Mit Klarheit. Mit Kraft. Vielleicht mit einem Hang zum Übermaß, ja – aber auch mit einer Haltung die mich mit voller Wucht trifft. Ich spreche oft davon, dass man sich dem Schönen widmen soll. Pflegen, erhalten, weitertragen. Und plötzlich erkenne ich: Genau das hat dieser Sebastian Schuhbeck getan. Nicht halbherzig, nicht dekorativ sondern kompromisslos.
Eine leise Geburt
Und damit, im Rückblick, ist etwas passiert: ein Erstkontakt. Ein inneres Aufmerken. Vielleicht sogar eine Art Geburt, zumindest aber ein Übergang. Ich beginne den Barock anders zu sehen. Nicht als Stil oder Epoche sondern als Haltung. Nicht von außen sondern von innen. Und ich merke: Da ist eine Verwandtschaft. Nicht im Geschmack vielleicht aber im Tun.