Weisst du …
… es war einmal ein sehr stiller Falter. Er hatte einen Namen. Aber niemand sprach ihn aus. Er lebte unter den großen Blättern der Brennnesseln, wo das Licht in grünen Tropfen hing und wo alles nach Eisen roch. Er mochte die Dämmerung. Dann war nämlich alles weich. Die Farben, die Formen, die Geräusche, sogar der Hunger war weich.
Wenn er dann die Flügel spreizte war es so, als ob etwas atmete. Irgendwie ganz von selbst. Ein feines Leuchten lag darin, so wie bei nassen Steinen im Mondlicht. Die leuchten nämlich auch. Er wusste das schon immer, er sah es nur nie ganz. „Ich glaube, ich leuchte“, dachte er manchmal. „Aber vielleicht ist es ja auch nur ein Irrlicht.“
Und dann, an einem Abend, die Amsel hatte schon aufgehört ihr Lied zu singen und der Wind war müde geworden. An diesem Abend da saß er still auf einem Zweig, der nach Erde roch. Und er sagte nichts. Aber in seinem Inneren formte sich ein Satz, so zart wie ein Haar in der Luft: „Ich bin da.“
Und in diesem Satz war plötzlich noch ein anderer. Nicht von ihm, aber ganz nah. „Ich sehe dich.“
Es war kein Gespräch. Kein Lichtblitz. Kein Verwandeln. Nur ein sanftes Offenwerden, wie bei einer Knospe, die sich nicht beeilt. Der Falter saß noch lange so. Und ohne es zu merken, hörte er auf, sein Leuchten zu bezweifeln. Es war da. Es war genug. Es war er.
Siehst du ihn jetzt auch? Dann kennst du ja seinen Namen.