Bernhaupten, St. Jakobus, Hl. Rochus von Montpellier

Polychrome Holzfigur des heiligen Rochus mit Pestbeule und Engel, St. Jakobus Bernhaupten

Standort und Ensemble

Die Rochusfigur steht im Chorraum der Filialkirche St. Jakobus, Bernhaupten, auf der rechten Seite (vom Besucher aus gesehen), gemeinsam mit Sebastian und Christophorus. Auf der linken Seite befinden sich Leonhard und Florian. So bildet Rochus innerhalb des Fünfer-Ensembles den spezifischen Pest- und Seuchenheiligen.

Datierung und Stil

Die Skulptur wird Mitte 17. Jahrhundert (nach Bomhard) datiert. Formgefühl, Faltenwurf und die lebendige Haltung verweisen auf eine barocke bzw. frühbarocke Werkstatttradition im süddeutsch-österreichischen Raum. Die Figur wird von Albert Rosenegger dem Traunsteiner Bildhauer Georg Pämer zugeschrieben, was augenscheinlich zutrifft, dürfte danach eher Ende 17. Jh entstanden sein.

Material und Fassung

Geschnitzte Holzfigurpolychrom gefasst, mit partiellen Vergoldungen (u. a. Heiligenschein/Strahlenkranz, Zierleisten am Gewand, Stiefel). Die Fassung steigert die Plastizität und trennt die Funktionsbereiche der Figur (Körper – Gewand – Attribute) klar.

Darstellung und Attribute

Rochus erscheint als Pilgerheiliger:

  • Heiligenschein/Strahlenkranz hinter dem Kopf.
  • Gewandhebung mit der linken Hand: freigelegter rechter Oberschenkel mit Pestbeule (rötlich abgesetzt).
  • Pilgerikonographie (Mantel, Pilgerzeichen am Gewand rechts Jakobsmuschel; in der Rechten ein längliches Attribut – wohl Stab, scheint verschwunden zu sein). Am Gewand links gekreuzte Lanzetten (Werkzeug zum Aderlass/Aufstechen von Pestbeulen). Die bewusste Zurschaustellung der Wunde ist das zentrale Erkennungsmerkmal des Hl. Rochus.

Beistehende Figur (Engel/Putto)

Seitlich steht ein Engelknabe (Putto) in goldener Fassung, der auf die Wunde weist. Diese Geste führt den Blick des Betrachters zur theologischen Aussage: Rochus als Fürsprecher gegen ansteckende Krankheiten.

Komposition und Blickführung

Die Figur ist frontal adressiert, aber mit leichten Drehungen in Kopf und Armen, wodurch eine diagonale Blickführung entsteht:

  • vom Gesicht über den Strahlenkranz,
  • hinab zur Gewandhebung und Pestbeule,
  • zum hinweisenden Putto. So entsteht ein klarer ikonographischer „Lesepfad“.

Theologische Bedeutung

Rochus († um 1327/29) gilt als Pestheiliger. Die Wunde steht für die Solidarität mit den Leidenden; Hund (in Bernhaupten nicht dargestellt) und Engel gehören zur Legende der Heilung und Versorgung in der Einsamkeit. Liturgisch ist der 16. August (Rochustag) der Gedenktag; historisch wurde er besonders in Seuchenzeiten angerufen.

Kunsthistorische Einordnung

Die spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Rochusverehrung gewann im 15.–17. Jh. stark an Bedeutung. Im süddeutschen Raum sind polychrome Holzfiguren mit Gewandhebung und Beisteher (Engel/Hund) verbreitet. Die Bernhauptener Figur entspricht diesem Typus, zeigt aber in der Fassung (Grün-Rot-Gold) eine lokaltypische Farbbalance.

Rolle im Bernhauptener Chorraum

Zentral im rechten Chorensemble vermittelt Rochus neben Sebastian (Märtyrer gegen Pest, Pfeile) und Christophorus (Schutz der Reisenden/Alltagsgefährdungen). Zusammen entsteht ein ikonographischer Schutzraum: körperliche Bedrohung (Pest), Lebensweg (Pilger-/Reisemotiv) und Fürsprache.

Details zum Entdecken (für Besucher)

  • Rötliche Modellierung der Pestbeule – klein, aber bildbestimmend.
  • Goldene Akzente (Strahlenkranz, Zierleisten, Stiefel) – heben Heiligkeit und Rhythmus der Form hervor.
  • Gestik des Putto – die zeigende Hand ist der „Hinweisfinger“ der Bildtheologie.
  • Faltenwurf am Mantel – barocke Bewegung trotz ruhiger Grundhaltung.

Erhaltungszustand / Restaurierung

(Ohne Aktenlage:) Polychromie insgesamt gut lesbar; vergoldete Partien betonen die Konturen. Hinweise auf Alterspatina sind sichtbar; weiterführende Angaben (Retuschen, Restaurierungsjahre) können nach Archivalien/Labordaten ergänzt werden.

Datierung / Provenienz / Literatur

  • Datierung: Mitte 17. Jh. (nach Bomhard).
  • Provenienz: Bestand der Filialkirche St. Jakobus, Bernhaupten (Chorraum), vorher Pfarrkirche Vachendorf.
  • Literatur/Quelle: Bomhard, A. Rosenegger.

Kurzfazit

Die Bernhauptener Rochusfigur ist eine typische, klar lesbare Pestheiligen-Darstellung des 17. Jahrhunderts. Sie verbindet prägnante Ikonographie (Gewandhebung, Wunde, Putto) mit farbkräftiger Fassung und fügt sich schlüssig in das Fünfer-Ensemble des Chorraums ein. Damit vermittelt sie bis heute den Schutz- und Fürbittgedanken einer Gemeinde, die Seuchen als reale Bedrohung kannte.