Alexandria und Heilige
Alexandria, die von Alexander dem Großen gegründete Metropole am Mittelmeer, war seit der Antike ein Schmelztiegel der Kulturen: Griechische Ordnung, ägyptische Tiefe, jüdische Gelehrsamkeit und später das frühe Christentum begegneten sich in ihren Straßen. Hier leuchtete die große Bibliothek, hier ragte der Pharos-Leuchtturm als eines der Weltwunder empor – Sinnbilder von Wissen und Orientierung.
Für die Heiligenbiographien ist Alexandria mehr als nur eine Kulisse: Es ist der Ort, an dem sich Welten kreuzen. Kirchenväter wie Athanasius und Kyrill prägten von hier die Lehre, zugleich entflammten theologische Streitigkeiten, die weit in die Christenheit ausstrahlten. Auch Maria von Ägypten entspringt dieser Stadt: In der Fülle und Verführung Alexandrias führte sie zunächst ein ausschweifendes Leben, bevor sie auf einer Pilgerreise nach Jerusalem ihre Bekehrung erlebte und zur großen Büßerin der Wüste wurde. So erscheint Alexandria doppelt – als Stadt der Verlockung und als Ursprung der Umkehr.
Bis heute trägt die Stadt diese Ambivalenz in sich: ein Ort zwischen Glanz und Verfall, zwischen Gelehrsamkeit und Leidenschaft, zwischen Meer und Wüste. Alexandria ist nicht nur eine geographische Adresse, sondern eine geistige Landschaft, die zur Deutung der Heiligen und ihrer Wege beiträgt.