Waldschmurgel

mit Hirsch, Steinpilz & Wurzelwerk – langsam geschmort

Einleitung

Es gibt Gerichte, die sind mehr als Mahlzeit. Sie sind ein Prozess, ein Duft, eine Haltung. Der Waldschmurgel ist so eines. Wild, Pilz, Wurzel – nichts davon drängt sich auf. Aber wenn man ihnen Zeit gibt, beginnen sie zu sprechen. Und irgendwann wird aus Kochen: Erinnerung.


🧾 Zutaten für 4 Personen

  • 800 g Hirschgulasch
  • 10–15 g getrocknete Steinpilze
  • 2–3 Karotten
  • 1 große Pastinake
  • ½ Knollensellerie
  • 2–3 Zwiebeln
  • 2 Knoblauchzehen
  • 1 EL Tomatenmark
  • ca. 200 ml Rotwein
  • ca. 250 ml Wildfond (oder Wasser)
  • 1–2 EL Butterschmalz
  • 1 TL Preiselbeermarmelade
  • Lorbeer, Wacholder, Thymian (nach Gusto)
  • Salz & grober Pfeffer
  • Optional: 1 kleines Stück Bitterschokolade

🥣 Zubereitung mit Erläuterungen

1. Die Pilze vorbereiten

Die getrockneten Steinpilze in ca. 250 ml warmem Wasser 30–40 Minuten einweichen.

→ Warum?

Weil Trockenpilze Zeit brauchen, um ihre Struktur wiederzufinden – aber auch, um ihren Duft in die Flüssigkeit abzugeben. Dieses Einweichwasser ist ein Aromakonzentrat, das dem Gericht Tiefe gibt. Es ersetzt zwar keinen Fond aber es spricht von Moos. Den Sud anschließend durch ein feines Sieb filtern (oder Kaffeefilter), um Sand oder Waldreste fernzuhalten.


2. Das Fleisch anbraten

Hirschgulasch in Butterschmalz portionsweise kräftig anbraten.

→ Warum?

Anbraten bringt Maillard-Reaktionen: Eiweiße und Zucker karamellisieren und das ergibt Röstaromen, also Geschmackstiefe. Das Fleisch brät nicht nur es entwickelt eine kulinarische Erzählung. Dann herausnehmen und beiseitestellen.


3. Das Wurzelwerk anschwitzen

Zwiebeln, Karotten, Sellerie, Pastinake, Knoblauch alles grob, nichts zu fein. Im Bratensatz des Fleisches bei mittlerer Hitze anrösten.

→ Warum?

Das Gemüse nimmt den Bratensatz auf, es wird nicht weich, sondern wach. Vor allem die Zwiebel bringt Süße, der Sellerie Tiefe.


4. Tomatenmark: Der geheime Umami-Takt

Tomatenmark zugeben und mit anrösten ca. 1–2 Minuten, bis es leicht dunkler wird.

→ Warum?

Tomatenmark hat viel natürliches Glutamat es bringt Umami, also die „fünfte Geschmacksrichtung“. Das Anrösten nimmt ihm die Säure, gibt ihm Würde.


5. Ablöschen – und nochmals, und nochmals

Mit einem ordentlichen Schuss Rotwein ablöschen. Den Wein einkochen lassen, fast bis zur Trocknung. Dann nochmal ablöschen. Und nochmal. Drei-, viermal.

→ Warum?

Jede Ablöschung hebt die Aromen vom Topfboden, und das Einkochen konzentriert sie. Was bleibt, ist kein Alkohol – sondern eine sämige Tiefe, in der Gemüse, Fleisch und Wein zusammenfinden. Ein Ritual, kein Trick.


6. Der Aufbau: alles zusammenführen

Jetzt kommt alles in den Bräter: Fleisch, Pilze, Kräuter, Preiselbeermarmelade. Dann aufgießen: mit Wildfond und Pilzsud. Die Flüssigkeit soll nicht alles bedecken der Schmurgel ist kein Eintopf. Er ist ein langsames Bad, kein Schwimmen. Deckel drauf.


7. Schmurgeln – die Stunde der Wahrheit

In den Ofen bei 140–150 °C, Ober-/Unterhitze.

Dauer: 4 bis 5 Stunden.

→ Warum so lang?

Weil das Bindegewebe im Fleisch Zeit braucht, um zu Gelatine zu werden. Weil die Aromen sich nicht vermischen sollen, sie sollen sich begegnen, umeinander kreisen, sich verbinden. Ein guter Schmurgel ist nicht durchgekocht, sondern verwandelt. Zum Schluss den Deckel abnehmen, ein kleines Stück Bitterschokolade einrühren (optional) für jene letzte Nuance, die keiner benennen kann, aber jeder schmeckt.

Abschmecken. Atmen. Servieren.


🥔 Serviervorschlag

  • Selleriepüree mit Butter & Muskat
  • oder: Kartoffelstampf, grob
  • oder: Bauernbrot, dicke Scheibe, leicht geröstet
  • dazu: Rotwein, dunkel, zurückhaltend
  • und vor allem: Zeit

Was lange schmurgelt,
wird stiller.
Und zugleich wahrer.