Vatanen: 4 – Taufe im Holz

Sitze heut am Tisch. Regen läuft die Scheibe runter wie Fäden. Denk: dieser Junge, der mit Maurern zieht – der braucht Name. Immer nur „Bursche“ klingt fast wie Hund ohne Ruf. Mir fällt „Gundemar“ ein. Schwer, bärtig, nach Schwert. Zu viel für Sechzehnjährigen mit Kübel. „Jakob“ klingt sauber, heiliger Standard. Wie Kirchenfenster. Und wenn Bernhaupten St. Jakobus, warum nicht Jakob, denk ich . Ich schwanke. Dann denk ich: na, vielleicht ist genau da die Geschichte. Streit am Taufstein. Also stell ich vor:

Noch alte Holzkirche, Vachendorf. Wände dunkel, Dach tropft. Kerze flackert, Rauch hängt. Pfarrer wartet am Taufstein. Streng, aber nicht kalt. Bart kurz, Tonsur blank. Hände fest. Bauernpaar tritt vor. Mann breit wie Pflug, Frau schmal wie Sense. In Arm ist Kind. Gesicht rot, Mund offen. Schreit schon ohne Wasser

„Name?“ fragt Pfarrer.
Mann sagt stolz: „Gundemar. Hieß Vater. Hieß Großvater. Hof trägt ihn.“
Pfarrer zieht Braue hoch. „Nein. Das ist alt. Heidnisch fast. Wir brauchen Heilige. Jakob. Jakobus. Stark, fromm, sicher.“
Frau stößt Mann an. „Hab ich gesagt.“
Mann knurrt. „Gundemar wie Eiche. Jakob wie Weidenast.“
Pfarrer legt Hand auf Stein. „Eiche fällt, Weide biegt. Wer bleibt länger?“

Ich denk: schlau gesagt, Herr Pfarrer. Aber in Finnland hätten wir das Kind „Regenkind“ genannt oder „Birkensohn“ einfach. Hätte auch gereicht. Und Kind hätte trotzdem geschrien.

Frau tritt vor. „Ich will, dass er lebt. Gesund, stark. Wenn Jakob besser ist – dann Jakob.“
Mann seufzt wie Pflug, der auf Stein beißt. „Dann Jakob.“

Pfarrer schöpft Wasser. Tropfen kalt, Stirn nass. Kind schreit, als würde Himmel einstürzen.
„Ich taufe dich Jakob.“

Glocke draußen, dumpf im Regen. Tropfen fallen von Dach in Becken, mischen sich.

Und ich seh: dieser Jakob wird Steine tragen. Mit Maurern ziehen.
Heißt nicht Gundemar. Aber trägt Gundemar im Rücken wie unsichtbaren zweiten Namen.

Notiz:
Ein Name ist wie ein Stein. Liegt schwer. Aber trägt auch.