Einleitung
Die Filialkirche St. Margaretha in Einharting liegt malerisch im Moränenhügelland westlich von Vachendorf, mit Blick in Richtung Chiemsee. Sie gehört seit jeher zur Pfarrei Vachendorf und bewahrt als kleines, aber bedeutendes Gotteshaus eine vielschichtige Baugeschichte. Geweiht der heiligen Margaretha von Antiochia, weist sie Bezüge zu benachbarten Kirchenpatrozinien wie St. Georg in Alferting auf. Trotz ihrer geringen Größe verbindet die Kirche romanische Ursprünge, spätgotische Architektur und barocke Ausstattung – ein typisches, zugleich einzigartiges Beispiel ländlicher Sakralarchitektur im Chiemgau.
Geschichte
Die Ursprünge von Einharting reichen bis in die bajuwarische Landnahme des 6.–8. Jahrhunderts zurück. Der Ortsname deutet auf eine Sippe unter der Führung eines Mannes namens Einhart hin. Bereits im frühen Mittelalter dürfte hier ein erster Kult- oder Andachtsplatz bestanden haben, der im Zuge der Christianisierung um 800 in den Einflussbereich des Erzbistums Salzburg geriet. Eine erste Kapelle könnte schon damals gestanden haben.
Das heutige Kirchengebäude entstand im 12. oder 13. Jahrhundert als romanisches Langhaus, vermutlich noch mit einer Apsis. Im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts wurde der Chor erneuert: ein spätgotischer, polygonaler Raum mit Sternrippengewölbe, der auf Meister der Burghauser Hütte verweist. Um 1500 kam an der Südseite eine kleine Sakristei hinzu.
In den 1660er Jahren erfuhr die Kirche tiefgreifende Veränderungen: 1663/64 entstand der neue Dachreiter, gleichzeitig wurden Gestühl und Empore erneuert. 1666/67 erhielt St. Margaretha einen prachtvollen Hochaltar. Aus derselben Zeit stammen auch das Portalvorhaus und die reich verzierte Emporenbrüstung.
Das 19. Jahrhundert brachte weitere Umbauten: 1828 wurde die alte Holzdecke durch ein verputztes Lattengewölbeersetzt, 1854/55 folgte eine umfassende Innenrenovierung, 1864 der Aufbau des Seitenaltars, 1882 die Entfernung der Kanzel.
Im 20. Jahrhundert standen vor allem Erhalt und Restaurierung im Vordergrund. 1950 erfolgte eine Renovierung im Heiligen Jahr, 1983–87 eine umfassende Gesamtsanierung unter Architekt Toni Bachmayer. Dabei wurde auch das Turmkreuz erneuert und am 12. September 1983 feierlich geweiht.
Architektur
Die Filialkirche St. Margaretha zeigt in ihrer heutigen Gestalt den für den Chiemgau typischen spätgotischen Dorftypus. Das Gebäude besteht aus einem einschiffigen Langhaus mit flach verputztem Lattengewölbe, das 1828 die alte Holzdecke ersetzte. Daran schließt sich ein eingezogener, polygonaler Chor an, der im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts entstand. Er wird von einem Sternrippengewölbe mit runden Schlusssteinen überspannt, die auf die Baukunst der Burghauser Hütte verweisen.
An der Südseite des Chores befindet sich eine kleine, spätgotische Sakristei mit rundbogigem Portal und ursprünglicher Holztür. Der barocke Portalvorbau an der Nordseite führt in das schlichte Schiff, dessen Westseite von einer Emporegeprägt wird. Die Emporenbrüstung ist mit Rollwerkschnitzerei aus dem 17. Jahrhundert verziert.
Im Westen erhebt sich über dem Giebel ein schlanker, quadratischer Dachreiter mit spitzen Schallfenstern und steilem Schindelhelm. Er wurde 1663/64 errichtet und prägt das äußere Erscheinungsbild des Gotteshauses. Trotz späterer Veränderungen ist der Baukörper in seiner Gesamtheit von schlichter Geschlossenheit und bewahrt das Gepräge eines ländlichen Sakralbaus der Spätgotik.
Ausstattung
Den Mittelpunkt der Ausstattung bildet der prachtvolle Hochaltar, der 1666/67 vom Traunsteiner Tischler Thoman Hueber nach einem Entwurf des Münchner Hofmalers Caspar Amort geschaffen wurde. Der reich geschnitzte frühbarocke Säulenaufbau zeigt im Zentrum eine Kreuzigungsgruppe, flankiert von den Heiligen Margaretha und Katharina. Diese Figuren, um 1670 von Adam Hartmann in Wasserburg geschnitzt, gehören zu den qualitätvollsten Bildwerken des Chiemgaus. Ursprünglich dunkelbraun und golden gefasst, erhielt der Altar 1855 eine neue, hellere Farbgestaltung. Das kleine Tabernakel wurde 1833 von Joseph Bachmayr aus Haslach gefertigt und fügt sich harmonisch in den Hochaltar ein.
An der Nordwand des Langhauses steht ein Nebenaltar von 1864. Er besteht aus einer gotischen Mensa mit Rotmarmorplatte und einem spätklassizistischen Säulenaufbau. Als Altarblatt dient die Enthauptung der hl. Margaretha, ein älteres Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, das 1855 restauriert wurde.
Von besonderer kunsthistorischer Bedeutung ist das romanische Holzkruzifix an der Südwand, das in die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert wird und vermutlich aus einer Salzburger Werkstatt stammt. Trotz späterer Überarbeitungen gilt es als eines der bedeutendsten romanischen Kruzifixe im Landkreis.
Zu den weiteren Ausstattungsstücken gehören eine sitzende Muttergottes aus der Zeit um 1500, eine Frührokoko-Madonna in einem Glasschrein (frühes 17. Jahrhundert) sowie ein reich verziertes Lavabogestell aus dem Jahr 1633 mit Beschlagwerkformen und Schwarzlotmalerei. Das neugotische Gestühl wurde 1855 vom Vachendorfer Schreiner Joseph Kollmuß angefertigt.
Die Empore erhielt in den 1660er Jahren ihre Form und ist an der Brüstung mit Rollwerkschnitzerei versehen – ein feines Detail, das noch aus der Zeit des späten 17. Jahrhunderts stammt. Eine ehemals vorhandene Kanzel wurde 1882 entfernt.
Ein Epitaph aus dem Jahr 1653 erinnert an die Bauersleute Veicht und Brigata Pletzauer. Es zeigt bäuerliche Tracht und ist damit zugleich ein kulturhistorisches Zeugnis des einfachen Lebens jener Zeit.
Kirchliches Leben
Die Filialkirche St. Margaretha war von Anfang an eng mit der Pfarrei Vachendorf verbunden und hatte nie den Rang einer eigenständigen Pfarrkirche. Dennoch spielte sie im religiösen Alltag der Menschen in Einharting über Jahrhunderte eine wichtige Rolle.
Die Kirche verfügte über zwei Altäre, von denen der Nebenaltar jedoch nie regelmäßig genutzt wurde. Liturgisch im Mittelpunkt stand daher der Hochaltar, an dem die wenigen Messen gefeiert wurden. Das Patrozinium am Margarethentag bildete den Höhepunkt des Kirchenjahres in Einharting; zugleich war es auch das Kirchweihfest. Daneben wurde das Fest der heiligen Katharina als Nebenpatronin begangen. Aus den Quellen ist überliefert, dass im 17. Jahrhundert acht gestiftete Messen in den Sommermonaten Juni und Juli hier gelesen wurden.
Mit den Veränderungen im 19. Jahrhundert erlebte die Kirche einen Bedeutungsverlust: das Patroziniumsfest wurde nur noch gefeiert, wenn der Margarethentag auf einen Sonntag fiel. In dieser Zeit wurde St. Margaretha faktisch zur Kapelle herabgestuft, blieb aber dennoch ein wichtiger Ort der Andacht und der lokalen Identität.
Ein kleines Kapitel der Moderne begann 1961, als die Kirche elektrisches Licht erhielt – gestiftet von Georg Hipp und installiert von Georg Höppel. Damit konnte die Filialkirche erstmals auch für Abendandachten genutzt werden.
Bis heute wird St. Margaretha vor allem zu besonderen Anlässen geöffnet, etwa zum Patrozinium, zu Andachten oder – wie 2025 – im Rahmen des Tags des offenen Denkmals.
Quellen
- Denkmaltopografie Bayern, Band Traunstein, Abschnitt Vachendorf–Einharting
- Kirchenführer „Pfarrkirche Vachendorf mit Filialen“ von Peter Bohmhardt
- Historische Ortschronik Vachendorf
- Archivalische Hinweise in den Urbaren und Besitzlisten des Erzbistums Salzburg
- Forschungsnotizen („Akte Einharting“) zur Baugeschichte im 12. Jahrhundert
- Redaktionelle Aufarbeitung für den Tag des offenen Denkmals 2025